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Fall des Monats September 2021

Kann das Sozialamt verlangen die Sterbegeldversicherung zu kündigen?
Bestattungsvorsorge und Sozialamt - das gilt es zu beachten.

„Meine Schwiegermutter lebt im Pflegeheim, welches uns mitgeteilt hatte, dass sich die Pflegeheimkosten erhöhen werden. Da ihre Rente dafür nicht mehr ausreicht, haben wir beim Sozialamt die Übernahme der zusätzlichen Kosten angefragt. Der Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, dass sie zuerst ihre Sterbegeldversicherung kündigen und den Betrag dafür einsetzen und verbrauchen müsste. Erst danach zahlt das Sozialamt.

Holger T. aus Naumburg
Bestattungsvorsorge und Sozialamt

Wer in Deutschland Sozialleistungen beantragt, dem verbleibt seit dem 1. April 2017 ein Schonvermögen in Höhe von 5.000 Euro. Diesen Betrag muss derjenige nicht antasten, um seinen Lebensunterhalt oder Pflegekosten zu finanzieren. Alle darüber liegenden, unter anderem finanziellen Reserven, wie beispielsweise Sparbücher, Girokonten und Lebensver­sicherungen, müssen vor der Inanspruchnahme von Sozialleistungen aufgebraucht werden. Diese sind deshalb nicht für die Bestattungsvorsorge geeignet.

Sterbegeldversicherungen werden als kleine Kapitallebensversicherungen den Lebensver­sicherungen zugeordnet, auf die die Sozialbehörden bis zur Grenze des Schonvermögens Zugriff haben. Oftmals ist eine Auszahlung dann vorgesehen, wenn der Versicherungs­nehmer verstorben ist oder die maximale Laufzeit abgelaufen ist (d.h. Erreichen des Versicherungsendes im Erlebensfall). Nicht immer unterliegt die Zahlung der Versicherungs­summe einer Zweckbestimmung. Das bedeutet, dass es dem im Versicherungsvertrag genannten Bezugsberechtigten freisteht, wofür er die Versicherungssumme verwendet

Ämter - und bei einem Rechtsstreit Gerichte - müssen ausschließen können, dass das für die Bestattung zurückgelegte Geld für einen anderen Zweck verwendet werden könnte. Ansonsten wäre auch dieser Betrag für den Lebensunterhalt einzusetzen und ist nicht ge­schützt.

Bestattungsvorsorge als Schonvermögen - Zweckbestimmung nachweisen
Verschont werden für Bestattung und/oder Grabpflege vorgesehene Vermögensteile aber nur unter bestimmten Voraussetzungen:
  • Ausschließliche Zweckbindung muss eindeutig vorliegen, d.h. eine andere Verwendung ist so gut wie ausgeschlossen. Die Zweckbindung ist verbindlich getroffen, objektiv und nachweisbar und der Betrag ist vom übrigen Vermögen getrennt.
  • Gleiches gilt für Vorsorgeverträge mit Bestattern, bei denen die entsprechende Summe für die Bestattung zweckbestimmt, verbindlich und vom übrigen Vermögen getrennt zurückgelegt wird. Das Geld kann dazu bei Treuhandstellen hinterlegt, aber zum Beispiel auch in Form eines Sparguthabens oder einer Sterbegeldversicherung abgetreten werden.
Merke: Beim Abschluss einer Bestattungsvorsorge sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass diese zweckgebunden, also ausschließlich für die Bestattung bestimmt ist. Es muss dieser konkrete Verwendungszweck schriftlich festgehalten sein, der die vorherige Verwertung des Geldes für andere Zwecke ausschließt. Dann stehen die Chancen sehr gut, dass das Sozialamt nicht zur Verwendung für Pflegekosten auffordern kann. Somit ist gewährleistet, dass das Geld auch für den vorgesehenen Zweck eingesetzt wird.

Achtung: Dieser Fall des Monats ist auf dem fachlichen Stand, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gilt. Der Beitrag wird nicht aktualisiert.


Erstellungsdatum: 16.09.2021
Letze Aktualisierung: 17.09.2021
Herausgeber: Volksolidarität

Gesetzliche Grundlagen
Schonvermögen
Auszug: Zwölftes Buch Sozialhilfe / Sozialgesetzbuch (SGB XII)
Stand: Zuletzt geändert durch Art. 47 G v. 20.8.2021 1 3932

§ 90 SGB XII Einzusetzendes Vermögen
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

  1. eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
  2. eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
  3. eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
  4. eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
  5. von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
  6. von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
  7. von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
  8. eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
  9. kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen.
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Bestattungsvorsorge und Sozialamt

Da im Gesetz keine eindeutige Regelung zur Bestattungsvorsorge zu finden ist, wird die Frage, inwieweit Bestattungsvorsorge Schonvermögen ist, vor allem durch Gerichtsurteile bestimmt. Hier gibt es insbesondere zwei Grundsatzentscheidungen vom Bundesverwaltungsgericht (2003) und Bundessozialgericht (2008) sowie zahlreiche weitere Gerichtsurteile, die diese Grundsatzurteile im Kern bestätigen: https://www.aeternitas.de/inhalt/downloads/schonvermoegen.pdf

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Die EUTB unterstützt Ratsuchende bei der Wahrnehmung ihrer Ansprüche. Als Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung geben die Beratungsstellen Orientierungs- und Entscheidungshilfen rund um die Themen Rehabilitation und Teilhabe bei Beeinträchtigungen aller Art und übernehmen so eine Lotsenfunktion in unserem Sozialsystem.

Seit 2018 steht allen Menschen mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen sowie ihren Angehörigen ein Angebot zur Beratung über Leistungen der Rehabilitation, Schwerbehinderung und Teilhabe offen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert. Rechtliche Grundlage: § 32 SGB IX.

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